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Verfasst am: 18.08.2019, 10:31 Titel: Investoren werden nervös. |
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Irgendwann muss man schon Gewinne machen
Uber schreibt Milliardenverluste, Deliveroo zieht aus Deutschland ab. Das belegt: Die hochgelobten neuen Geschäftsmodelle stoßen an Grenzen, die Investoren werden nervös.
Von Karin Finkenzeller
16. August 2019, 11:05 Uhr310 Kommentare
Fahrdienst bestellen per App: Meistens ist das günstiger als ein Taxi, aber wie lange funktioniert es noch?
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Wenn ein großes Unternehmen aus der Wirtschaft, wie wir sie früher einmal kannten, fünf Milliarden Euro Verlust machte, musste dafür schon einiges zusammenkommen. Bei Volkswagen war es die Dieselaffäre, die dem Konzern den größten Fehlbetrag seiner Geschichte einbrachte. In der neuen Welt der Internetökonomie aber herrschen andere Gesetze. Der Fahrdienstleister Uber schafft eine solche Größenordnung in einem einzigen Quartal fast im Alleingang – mit Aktienvergütungen für Projektmanager und Software-Ingenieure.
Seit seiner Gründung vor zehn Jahren hat das US-Unternehmen noch nie etwas anderes als Miese gemacht. Bisher gaben sich Ubers Geldgeber betont cool, sie nahmen solche Verluste als geradezu gottgegeben hin, wenn man das "Amazon der Mobilität" werden wolle, wie es der Geschäftsführer Dara Khosrowshahi immer proklamierte. Dahinter steht das geradezu religiöse Dogma des Silicon Valley, wonach man so lange wachsen muss, bis alle Konkurrenz erledigt ist und man allein im Markt das Sagen hat. Doch Ubers Wachstum stößt allmählich an Grenzen und Profite sind immer noch nicht in Sicht. Die Investoren macht das allmählich doch nervös.
Fast gleichzeitig zum Desaster bei Uber wächst auch bei einem anderen Plattformriesen das Ungemach, wenn auch in deutlich kleinerem Umfang. Der britische Restaurant-Lieferdienst Deliveroo kündigte an, seine Fahrradkuriere in Deutschland aus dem Rennen zu nehmen. Schon an diesem Freitag ist Schluss mit Sushi und Pizza aus den türkisfarbenen Styroporboxen.
Angebote, die eigentlich gar nicht so neu sind
Was ist los mit der Sharing Economy, der netzbasierten Plattformökonomie, die doch als unschlagbar zeitgemäß gilt? Die Bürger des 21. Jahrhunderts verzichten laut ihrem Credo auf Eigentum. Sie brauchen kein eigenes Auto mehr, weil der private Chauffeur nahezu überall per App zur Stelle steht. Das Restaurant kommt ins Wohnzimmer, wo Streamingdienste die passende Hintergrundmusik oder den Lieblingsfilm abspielen. Der Satz "Ich zeige dir meine Plattensammlung" ist nur noch ein schlechter Datingvorwand für Freaks.
Doch es sind nun einige Jahren vergangen, seitdem die Plattformen in unser Leben eingezogen sind, und langsam offenbart sich, welche Geschäftsmodelle erfolgreich sind und welche eher nicht. Es zeigt sich auch, wie groß die Lücke im Markt für neue Angebote ist, die eigentlich gar nicht so neu sind. Essen liefern, Taxi fahren? Gab es ewig vor Uber und Deliveroo. Der Trick dieser Unternehmen wie so vieler Onlinefirmen besteht darin, eine vorhandene Dienstleistung schlicht zu verbessern, sie schneller verfügbar und online zugänglich zu machen, die Zahlung zu optimieren und die Effizienz des Modells insgesamt zu erhöhen. Aber steigt damit auch die Nachfrage für eine Dienstleistung? Möglich ist das, jedoch nicht immer garantiert.
Beispiel Taxigewerbe. Auf dem Weg zum Bahnhof dröhnt laute Musik aus dem Autoradio. Fahrgast: "Würde es Ihnen etwas ausmachen, die Musik etwas leiser zu stellen?" Taxifahrer: "Wir sind hier nicht bei Uber." Fahrgast: "Darf man deshalb nicht darum bitten, die Musik etwas leiser zu machen?" Taxifahrer: "Wir versuchen, uns hier zivilisiert zu benehmen und dem anderen Freiheiten zu lassen." Fahrgast: "Deshalb habe ich ja auch nicht verlangt, das Radio auszuschalten, sondern nur leiser zu machen." Den Rest der Fahrt sind beide angefressen. Für den Rückweg bucht der Fahrgast ein Uber-Fahrzeug per App, keine fünf Minuten später ist es da, der (günstigere) Fahrpreis steht von Beginn an fest und wird automatisch abgebucht. Herrlich ruhig ist es auch.
Die wichtigste Voraussetzung für den Erfolg der Plattformökonomie ist, dass die konventionellen Services womöglich schlecht funktionieren, die Kunden damit unzufrieden sind. Wenn am Flughafen in den Sommerferien mit schöner Regelmäßigkeit zu wenige Taxifahrer zur Verfügung stehen, nimmt ihnen die Bestellung bei Uber keinen Umsatz. Wenn das Monopol eines Gewerbes aber so übermächtig ist, dass einem Taxifahrer das Wohl der Kunden ziemlich egal ist, schafft das Raum für Konkurrenz. Nur ist dieser Raum ziemlich begrenzt und auch das klassische Taxigewerbe hat inzwischen gemerkt, dass es die Qualität seiner Dienste verbessern muss, um gegen Uber zu bestehen |
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